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Literatur

Artikel im Themenheft "Familienklassen" der Zeitschrift Lernen Konkret

 
Carola Buddenkotte
Carola Buddenkotte
 

 

Eine Kennenlernfahrt mit einer Familienklasse

 
 

Pädagogischer Hintergrund

Zu Beginn des neuen Schuljahres veränderte sich die Zusammensetzung der Familienklasse 3 maßgeblich. Drei jüngere Schüler (10 Jahre alt) aus einem Klassenverband kamen dazu. Eine Vollzeitlehrerin wechselte die Klasse, eine Lehrerin stockte Stunden auf und eine neue Lehrerin ergänzte das Team. Auch ein Zivildienstleistender musste sich neu einfinden.
 
So ergab es sich, dass für die Schülerinnen und Schüler die Anforderung bestand, sich untereinander kennenzulernen und als eine Klasse mit gemeinsamen Interessen zu erleben und die neuen Erwachsenen als Vertrauenspersonen zu erfahren.
 
Die Lehrerinnen hatten die Aufgabe, die neuen Schülerinnen und Schüler kennenzulernen, die Klassengemeinschaft zu fördern und das Team zu festigen.
 
Für den Zivildienstleistenden sollte die Möglichkeit geschaffen werden, einzelne Schüler kennenzulernen, ohne durch einen straffen Zeitplan, wie er in der Schule für ihn gegeben war, gestört zu werden. An dieser Stelle erscheint schon einmal eine vorgreifende Bemerkung: Während alle Schülerinnen und Schüler und die Lehrerinnen die Fahrt sehr schön fanden und erstere sofort wieder losfahren wollten, war unserem Zivi auch nach drei Tagen der Sinn der Unternehmung nicht klar. Er wisse nicht, was er machen solle und fände es langweilig! Demnächst also auch bitte Spielsachen für weitere Begleitpersonen einstecken.
 

Rahmenbedingungen

Die Klasse besteht aus sechs Schülern und fünf Schülerinnen. Daraus bilden sich grob drei Altersgruppen. Die Kinder, die ca. 10 Jahre alt sind, die Jugendlichen, um 13 Jahre alt und zwei 18jährige.
 
Von elf Klassenmitgliedern nahmen acht an der Fahrt teil.
 
Um keine zu große finanzielle Belastung für die einzelnen Familien zu schaffen, wählten wir Haus Altfried in Essen-Kettwig. So konnten wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Für drei Tage Vollverpflegung und sämtliche andere Kosten, ergaben sich 52 Euro.
 

Zimmerverteilung

Wie bei jeder Klassenfahrt war auch hier die Zimmerverteilung ein besonderes Anliegen der Schülerinnen und Schüler. Dabei zeigte sich im Vorfeld schon, dass weniger das Alter ein Kriterium war, sondern mehr, welche Aktivitäten sich die Mitfahrenden in den Zimmern versprachen. So schlossen sich Sezayi (10) und Kevin (14) zusammen in Erwartung von Fußball, Streichen und Nachtwanderungen. Sie nahmen Bilal (12) mit zu sich.
 
Jenny (13) und Ute (18) äußerten von sich aus den Wunsch, Amani (10) mit auf ihr Zimmer zu nehmen, mit der Werbung, dass sie sich mit um die Jüngere kümmern wollten.
 
Keine Wünsche kamen von einem Schüler mit autistischen Zügen (18) und einem Schüler (10) mit massiven Wahrnehmungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Hier bildeten wir eine Zimmergemeinschaft mit dem Zivi, mit der Option, die Zusammensetzung zu wechseln, da Ausweichmöglichkeiten  bestanden.
 
Alle Schülerinnen und Schüler waren jedoch während der Fahrt sehr zufrieden mit ihrer Zimmerbesetzung. Es gab keine Konflikte, trotz unterschiedlicher Schlafenszeit. Die älteren Teilnehmer bemühten sich leise zu sein, wenn sie zu späterer Stunde das Zimmer aufsuchten.
 

Aktivitäten

Um allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden, gab es jeden Tag frei wählbare Angebote und verpflichtende gemeinsame Aktivitäten.
 
Zum Teil trennten sich hier die Geschlechter: Die Mädchen wählten kreative Angebote, während die Jungen Fußball spielten.
 
Beim Angebot von Regelspielen/ Brettspielen trafen sich kognitiv gleich starke Klassenmitglieder.
 
Die Abendgestaltung beinhaltete zunächst eine verpflichtende gemeinsame Runde mit Singen und Spielen. Im Anschluss gingen die Jüngeren ins Bett und die Älteren konnten Kickern, Tischtennis spielen oder Brettspiele ausprobieren. Da die Jüngeren von den Anforderungen des Tages erschöpft waren, wurde diese Regelung bis auf eine Ausnahme problemlos akzeptiert. Sezayi hatte sich eng an sein älteres Idol Kevin angeschlossen und wünschte so, auch länger aufzubleiben. Diesem wurde am zweiten Abend die Möglichkeit gegeben, bei der freiwilligen Nachtwanderung.
 
 
Wie unterschiedlich der Entwicklungsstand in bestimmter Hinsicht ist, zeigte sich einmal während der freien Zeitgestaltung. Ein 10jähriger war als „Wache“ auf dem Flur abgestellt worden, damit unsere Pubertierenden in Ruhe knutschen konnten. Dort spielte er ungerührt Fußball und ließ die Lehrerin freundlich ins Zimmer. Unser Pärchen war gestört, ohne dass er sich der unterbrochenden Privatsphäre bewusst wurde.
 

Fazit

Während der Kennenlernfahrt wurden altersübergreifende Kontakte geknüpft, die auch während der darauffolgenden Schulzeit weiterentwickelt wurden. Den unterschiedlichen Bedürfnissen einer altersgemischten Gruppe kann man auch außerhalb der Schule bezüglich Tagesablauf und Freizeitangeboten gerecht werden.
 
Für die Entwicklung des Gemeinschaftsgefühls waren die drei Tage sowohl für die Schülerinnen und Schüler, als auch für die Lehrerinnen hilfreich.

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Zuletzt aktualisiert von MME-Computertechnik am 08.04.2006, 12:07:33.